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Ergo-Ampel muss auf Grün

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Mitarbeiter langfristig und gesund im Beruf halten. Dieser Anforderung an die Arbeitsplanung von heute widmete sich Dr. Steffen Rast, Fachbereichsleiter Ergonomie der Deutschen MTM-Gesellschaft mbH, in einem Impulsvortrag im Rahmen des Treffens der AG „Zeit- und Arbeitswirtschaft“ der AWF (Arbeitsgemeinschaft für Wirtschaftliche Fertigung). Sein Fazit: „Die Ergo-Ampel muss auf Grün.“

EAWS® bewertet ergonomisches Risiko

Der MTM-Experte stellte den Teilnehmern aus verschiedenen Branchen EAWS® (Ergonomic Assessment Worksheet) vor, das international anerkannte Tool zur Bewertung ergonomischer Risiken einer Tätigkeit. EAWS® wurde entwickelt, um eine Gesamtrisikobewertung über alle biomechanischen Risiken zu ermöglichen, denen ein Mitarbeiter während seiner Tätigkeit ausgesetzt sein kann. Rast hatte noch eine weitere Lesweise von EAWS® parat: „Das E steht für eine energiesparende Körperhaltung, der Buchstabe A für das anwenderfreundliche Werkzeug, das W für wechselnde Lasten und das S für schonende Gelenkstellung.“

Um die ergonomische Belastung von Mitarbeitern in Arbeitssystemen bewerten zu können, werden für verschiedene Belastungsarten des gesamten Körpers und des Hand-Arm-Systems Punkte vergeben und im sogenannten EAWS-Bogen aggregiert. Diese Daten werden dann nach einem Ampelschema bewertet (Grün = niedriges Risiko, Gelb = mögliches Risiko und Rot = hohes Risiko). Daraus werden entsprechende Maßnahmen (z. B. nach dem STOP-Prinzip) abgeleitet.

Das STOP-Prinzip zur Gestaltung von Arbeitssystemen

Zum STOP-Prinzip erklärte Rast, dass bei der Auswahl von Schutzmaßnahmen grundsätzlich eine Maßnahmenhierarchie zu beachten ist. Das Ziel der Substitution (STOP) bestehe darin, langwierige oder aufwändige Prozesse durch eine neue Vorgehensweise, z. B. das Schrauben durch Clinchen zu ersetzen und somit eine Veränderung der bisherigen Arbeitsmethode herbeizuführen. Sollte die Substitution bzw. Veränderung des Verfahrens nicht durchzuführen sein, sollten als nächstes technische Maßnahmen (STOP), z. B. der Einsatz eines Balancers, und dann organisatorische Maßnahmen (STOP), z. B. Jobrotation, in Betracht gezogen werden. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gefährdung deutlich zu reduzieren, seien persönliche Maßnahmen (STOP), z. B. der Einsatz eines Exoskeletts, zu ergreifen.

Der MTM-Experte veranschaulichte dieses STOP-Prinzip anhand von Praxisbeispielen aus der Branche Weiße Ware.

Digitale Lösungen zur Bewertung des ergonomischen Risikos

Digitale Lösungen wie TiCon, EAWS® und Motion Capture spielen bei der ergonomiegerechten Gestaltung von Arbeitsprozessen inzwischen eine große Rolle. TiCon ist die Standardsoftware für das Industrial Engineering und ist für die Plattformen Windows, SAP und Teamcenter sowie als SaaS-Lösung verfügbar. Die Technologie Motion Capture ist ein Trackingverfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Bewegungen. Über Bewegungssensoren werden IST-Daten anhand eines Menschmodels über einen MoCap Anzug aufgenommen und anschließend mittels eines 3D-Programms ausgewertet. Die digitalen Bewegungsdaten dienen dabei als Grundlage der integrativen Planung und Gestaltung menschlicher Arbeit.

Als eine mögliche Maßnahme zur Reduzierung des ergonomischen Risikos nannte der Fachbereichsleiter Ergonomie die Jobrotation. Hierbei wechseln die Mitarbeiter in vorher festgelegten Intervallen ihren Arbeitsplatz. Im ergonomischen Sinne führe dies zu einem Belastungswechsel, stellte Rast fest. Der Ergonomiebewertungsstandard EAWS® wird aktuell weiterentwickelt. EAWS® 2.0 fokussiert z. B. auch Krankheitsbilder wie Muskel-Skelett-Erkrankungen und RSI-Syndrome.

Aktuelle Informationen rund um EAWS® gibt es beim EAWS International Symposium (EIS) im Rahmen des diesjährigen MTM SUMMIT – Programm und Anmeldung auf summit.mtm.org.